Einführungskompetenz

Soll eine Neuerung eingeführt werden, ist es wesentlich, dass nicht nur die Sache als solche überzeugt, sondern auch, dass derjenige, der sie einzuführen plant, die dafür erforderlichen Fähigkeiten besitzt. Es muss also nicht nur die Sache „Gemeinschaftsschule“ überzeugend sein, auch diejenigen, die die Einführung vorantreiben, müssen fähig sein, das zu tun.

Einwände dagegen

Den agierenden Personen die Kompetenz zu einer großen Reform des Schulsystems zu- oder absprechen zu wollen, wäre überambitioniert, da sich im Laufe der Zeit insbesondere die Landesregierung geändert hat, während die Zusammensetzung von Verwaltung, Lehrerschaft etc. weitgehend unverändert geblieben ist. Dennoch erscheint die Vergangenheit wenig ermutigend, wenn es darum geht, den großen Wurf der Reformen unseres Schulsystems zu finden:

  • Die Rechtschreibreform wurde vorbereitet von 1980 bis 1996, in mehreren Stufen umreformiert und mit Zwischenschritten eingeführt von 1996 bis 2006, bis heute aber nicht akzeptiert. Keines der angestrebten Ziele wurde erreicht (https://de.wikipedia.org/wiki/Reform_der_deutschen_Rechtschreibung_von_1996)
  • Die gymnasiale Oberstufe wird seit 1972 munter reformiert, mal mit dem Ziel größerer Spezialisierung, mal mit dem gegenteiligen Ziel (https://de.wikipedia.org/wiki/Oberstufenreform). Ein Nutzen ist bislang nicht erkennbar, die Unterschiede zwischen den Bundesländern verbleiben, kürzere Studienzeiten oder andere inhaltliche Fortschritte sind nicht messbar.
  • Der Bologna-Prozess, begleitet von einer Reform der Hochschulfinanzierung, gilt heute in weiten Kreisen als gescheitert (https://de.wikipedia.org/wiki/Bologna-Prozess), teils, weil Widerstände im System (Hochschullehrer, Studenten) bestehen, teils, weil die großen Ziele der Reform nicht vollständig abgestimmt wurden (keine Anerkennung des deutschen Bachelors in angelsächsischen Ländern, wo ein Dipl. Ingenieur noch anerkannt wurde), teils, weil gleiche Inhalte in neue Formen hinein- und wieder herausreformiert werden
  • Unbehelligt von allen Reformvorhaben sind die Inhalte der Schule. Noch immer springen Grundschüler über den Bock. Noch immer ist „Geschichte“ europäische Geschichte. Noch immer sind „Sprachen“ europäische Sprachen. Noch immer ist „Kunst“ Malerei und Bildhauerei – keine Filmkunst, keine Fotografie, keine Architektur. Noch immer endet Musik mit Jazz. Noch immer sind Wirtschaftswissenschaften nur im Wirtschaftsgymnasium relevant, und Technik nur am technischen Gymnasium. Die einzige Reform, die Inhalte tangiert, ist die PISA Studie, die dazu führt, dass Präsentation und Anwendung über Wissen und Grundlagen gestellt werden, weil dies die Dimensionen von PISA Tests sind – nicht, weil diese Themen wichtig sind.